Gutes Geld für das falsche Wehrsystem!

Mit dem bloßen Wunsch nach mehr Wehrbudget und der Forderung zusätzlicher Kompetenzen für den Generalstab ist es nicht getan. Das System gehört unverzüglich verfassungskonform organisiert. Es ist bereits "Fünf nach Zwölf"! Alles andere bedeutete weiterhin ein funktionsunfähiges System mit gutem Geld füttern.


Bereits im vorigen Jahr hatte sich der Finanzminister sehr kritisch über die von einigen sehr übereilt als „Jubelmeldung“ bezeichnete Ankündigung einer Budgeterhöhung im Kapitel Landesverteidigung geäußert. Dem Verteidigungsressort ließ er via Medien ausrichten: „Die sollten einmal ihre Struktur in Ordnung bringen, die haben extrem hohe laufende Kosten“! Auch im ORF Online wurde die besagte Budgetmeldung mit „Laufender Betrieb verschlingt Löwenanteil“ betitelt.

Beim bloßen Wunsch nach mehr Geld für das Budget, kommt bei den Berufsheerbefürwortern große Freude auf. Denn das bedeutet das weitere „Überleben und Fortwursteln“ der grundsätzlich falschen Wehrkonzeption und des Personalsystems der Beamten-Militärs. Der ORF berichtet mittlerweile, dass die Ankündigung des bereits vorjährigen Ergebnisses zur Finanzspritze für den Generalstabschef „ein Traum“ gewesen sei.

Das sollte zu denken geben! Für die Vollzugsbeamten des derzeitigen – nicht verfassungsentsprechenden – Wehrsystems ist es eine verständliche Freude, die nun hoffen, ihren „laufenden Betrieb“ zumindest teilweise wieder aufnehmen zu können. Dabei ist seit einiger Zeit offensichtlich geworden, dass das derzeitige System völlig versagt hat und nunmehr irgendwie perpetuiert werden soll.

Nunmehr wurde erneut ein 33-Seiten Papier vom Generalstabschef Othmar Commenda veröffentlich, das militärischen Beobachtern der heimischen Militärszene inhaltlich sehr bekannt vorkommt. Und wieder spricht man vom Wunsch nach mehr Geld und von neuen Aufgaben des 21. Jahrhunderts, ohne aber das System entsprechend den Verfassungsbestimmungen und bedarfsgerecht zu ändern und zu vollziehen!

Auch der präsumtive Koalitionspartner der ÖVP, die FPÖ, spricht von einer Forderung mach mehr Geld, ohne aber im gleichen Atemzug die sinnvolle Verwendung im Rahmen des verfassungsgemäßen Wehrsystems nach den Grundsätzen eines Milizsystems als logische Konsequenz mit einzufordern!

Also ein Wunsch nach mehr gutem Geld für das derzeit betriebene falsche Wehrsystem in Richtung eines viel zu teuren und unzureichenden und für die Bedarfsfälle viel zu kleinen Berufsheers!

Man darf sich daran erinnern, dass es nicht sinnvoll ist, Soldaten in einem stehenden Heer und mit einer Besoldung in 365 Tagen im Jahr teuer zu besolden, wenn man sie im Schnitt aller Dienstgrade und Verwendungen nur etwa 30 Tage für Übungen braucht! Bei einer verfassungsgemäßen Implementierung der Heeresstruktur würden die derzeit weit überhöhten Personalkosten drastisch sinken!

Wo bleibt die notwendige echte Reform des Wehrsystems?

„Welches ist das kostengünstigste Heer?“ war die Einleitungsfrage eines früheren Leitartikels in den Salzburger Nachrichten (2016). Und es wurde auch gleich die entsprechende Antwort gegeben, die den Kern eines wirklich sinnvollen Wehrsystems – im Gegensatz zum derzeit gehandhabten falschen System – betrifft: „Eines, das dann ist, wenn es benötigt wird und verschwindet, wenn man es nicht mehr braucht.“

Der SN Leitartikel setzte fort: „Dieses Wundersystem braucht nicht erfunden zu werden, es existiert bereits. Man nennt es Miliz. Der Milizsoldat rückt ein, wenn er gerufen wird, und er kehrt in seinen Beruf zurück, wenn der Einsatz erledigt ist.“

Die Salzburger Nachrichten berichten weiter: „Man muss dieses Milizsystem auch nicht erst festschreiben, es steht seit Jahrzehnten als Grundprinzip der Landesverteidigung in der Verfassung. Dennoch wurde die Milz in den vergangenen Jahren fast zu Gänze zerstört. Einerseits durch eine Serie von Budgetkürzungen, andererseits durch die Abschaffung der verpflichtenden Übungen.“

Der Verfassungsauftrag (es ist das B-VG Art 79 Abs 1) besagt, dass das Bundesheer nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten ist – und nicht nur milizartig oder gar nur mit einer zusätzlichen freiwilligen Miliz – und ist natürlich getreulich zu vollziehen. Man muss allerdings hinzufügen, dass ein solches Bedarfsheer in Form eines einsatzbezogenen Milizheeres auch eine kleine – im Milizsystem gut integrierte – Berufskomponente zur obersten Führung, Verwaltung, Logistik, „Rapid Reaction“ und Ausbildungsunterstützung braucht.


Verfassungsauftrag und Schlussfolgerung!

„Lernen Sie Verfassung“, hat unlängst ein Kandidat im letzten Bundespräsidentschafts- Wahlkampf zur TV-Moderatorin gesagt. Es ist eine Aufforderung an zumindest alle, die Ihren Amtseid zur verfassungsgemäßen Vollziehung als Politiker und Beamte leisten!!!

Erfreulich ist es nunmehr, dass der Bundesparteiobmann der ÖVP, Sebastian Kurz in Vorbereitung zu den Koalitionsgesprächen und der darauffolgenden Regierungserklärung ganz deutlich von der absoluten Notwendigkeit gesprochen hat, alle Planungen zur Vollziehung durch die Regierung eindeutig nach den Bestimmungen der Bundes-Verfassung vorzunehmen!

Beim staatspolitisch so wichtigen Kapitel Schutz und Verteidigung der Bevölkerung ist dementsprechend klar zu stellen, dass „Miliz“ für das Österreichische Bundesheer das Grundprinzip des Wehrsystems zu sein hat und keinesfalls eine Art zusätzliche eigene „Teilstreitkraft oder Waffengattung“ bedeutet. Es gibt nur ein Bundesheer welches ein Milizheer zu sein hat.

Die Salzburger Nachrichten haben im oben angeführten Leitartikel als Fazit festgehalten: „Der eigeleitete Wiederaufbau des Bundesheeres, so begrüßenswert er grundsätzlich ist, bleibt somit Stückwerk. Und das, obwohl nur die Miliz jene Mannstärken garantiert, die notwendig sein werden, um die auf Österreich zukommenden Sicherheitsprobleme zu lösen.“

Zur Bewältigung der Einsatzaufgaben braucht man logischer Weise ein Bedarfsheer in Form eines leistungsfähigen und kostengünstigen Milizheeres. Ein stehendes Berufsheer wäre viel zu klein, viel zu teuer, personell zu dienstgradhoch und auch mit bald überaltertem Personal versehen. Alles das können wir uns erfahrungsgemäß nicht leisten.

Was wir brauchen ist ein Heer aus der Bevölkerung und für die Bevölkerung.

ACL (11/2017)