„Aktive Friedenspolitik betreiben“, lautet es im Vertrag für die
neue/alte Koalition, die uns einen neuen Stil bescheren soll. Dabei soll
die „Beteiligung Österreichs an UNO- und EU- Friedensmissionen, in dem
in der Österreichischen Sicherheitsstrategie vorgesehenen Umfang von
mindestens 1.100 Soldaten als Dauerleistung für Auslandseinsätze“
sichergestellt werden. Mindestens, steht da zu lesen.
Das ist durchaus erfreulich. Erfreulich deshalb, weil in Sachen
Landesverteidigung endlich einmal Konkretes genannt wird. Weniger
erfreulich ist freilich die Festlegung auf eine Mindestzahl für eine
Dauerleistung, zumal deren Parameter nicht bekannt sind. Wann, wo, mit
welchem Auftrag und mit welchem Mandat und mit welcher Finanzierung sind
schließlich Fragezeichen. Vielleicht meinen da manche, wir stünden in
einem Wettbewerb mit Nationen, die mangels Legitimität ihrer stehenden
präsenten Truppen sich an einem „mission hunting“ beteiligen.
Schließlich muss die Existenz umfangreicher präsenter Kräfte und der
Aufwand dafür ja irgendwie gerechtfertigt werden. Und sei es nur
irgendwo in anderen Kontinenten. Hauptsache, man ist dabei - aber das
ist eine andere Geschichte…
Erfreulich wiederum ist an dieser vertraglichen Vereinbarung zur
Koalitionsregierung, dass man sich (hoffentlich nicht nur scheinbar)
endlich auf eine Vorgabe des Souveräns besinnt. Schließlich hat der
Nationalrat eine Sicherheitsstrategie beschlossen, auf die sich die
Regierungsparteien hier berufen. Zwar nicht in Gesetzesform, aber doch.
Vielleicht hat man in Sachen Sicherheitspolitik und Landesverteidigung
das politische Primat entdeckt? Wenn es so ist, darf man sich also über
einen Schritt Demokratieentwicklung freuen.
„Sie werden im Sinne des Artikels 72 B-VG…. geloben, die Bundesverfassung und alle Gesetze der Republik
Österreich getreulich zu beobachten und
die mit ihren Ämtern als Mitglieder der Bundesregierung und als Staatssekretär
verbundenen Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen“. Dieses Gelöbnis wurde mit Handschlag und Unterschrift
bekräftigt.
Foto: Bundesheer/Lechner
Neuer Stil: Ende der Missachtung der Bundesverfassung?
In weit höherer Qualität als die o.a. Vorgabe des Nationalrats zur
Sicherheitsstrategie liegt allerdings eine andere Norm vor, die es von
der Verwaltung (und dazu zählen auch Berufsoffiziere als uniformierte
Beamte) zu vollziehen gilt: Als Verfassungsgesetz ist den Regierenden
die Organisationsform des Heeres nach dem Grundsatz der Miliz
vorgeschrieben (B-VG Art. 79). Es ist erfreulich, dass dieses
Milizprinzip nun auch auf dem Papier der Koalitionsvereinbarung steht.
Das stand es allerdings schon mehrmals. Fakt ist, dass dieses nun schon
mehrere Jahre negiert wurde und man unter Missachtung des Parlaments ein
Heer aufzustellen versucht hat, das als halbherzige Miniaturausgabe
eines Präsenzheeres nicht einmal mehr in der Lage ist, in entsprechendem
Umfang und nachhaltig Hochwasserassistenz zu leisten. Das steht
allerdings auf einem anderen Blatt. Es merkt nur kaum jemand, denn es
gibt vermeintlich Wichtigeres ...
„Reformverweigerer“ in den Führungsetagen haben mit ihrer „Expertise“
die politisch Verantwortlichen so „beraten“, dass unser Heer eben das
wurde, was es jetzt ist: Alles – nur keine Miliz. Das bestehende
Rahmenheer aus Berufskadern ist von einem Prozent des BIP weit entfernt,
mit einem Minus von 4.000 Planstellen und 250 Mio Euro weniger im
Wehrbudget ist es nicht in der Lage, in der bestehenden
Organisationsform auch nur annähernd den zu erfüllenden Aufträgen in
diversen Einsatzszenarien nachzukommen. Es fehlt das Personal – freilich
nicht in der Ministerialverwaltung und in höheren Stäben. Das Personal
fehlt bei der Truppe, der bei tendenzieller Entwicklung des Zulaufs
zumZivildienst gar bald auch noch die Rekruten ausgehen werden. Rekruten
übrigens, die im bestehenden System ohnedies nur für die
Aufrechterhaltung eines „perpetuum mobile militaris“ herhalten müssen,
denn kaum sind sie zur Feldverwendungsfähigkeit ausgebildet, werden sie
auch schon wieder entlassen. Ohne jeden militärischen Nutzen, außer
jenem zur Rechtfertigung der Beschäftigung des Ausbildungspersonals, das
– kaum hat ein Einrückungskontingent die Ausbildung abgeschlossen –
stets wieder von vorne beginnt und dabei nicht jünger wird.
Offener Brief
Weihnachten steht vor der Tür und so manche Briefe an das Christkind
werden in diesen Tagen geschrieben. Es sei gestattet, ebendort hin einen
„offenen“ zu richten:
Liebes Christkind!
Schenk‘ unseren Verteidigungspolitikern die
Kraft, den bekundeten „neuen Stil“ zu beweisen und die Vorgaben des
Souveräns umzusetzen. Erleuchte sie dabei mit der Einsicht, dass die
Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur Miliz nicht nur billiger,
sondern auch bedarfsgerechter ist. Dann hätte die Berufung auf einen
Volksentscheid zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht sogar
Sinn – nicht nur für die Wehrpflichtigen, auch für Steuerzahler und
Wähler.
Frohe Weihnachten – auch den Nutzern von www.sgsp.at!
(MG)