Gelöbnis oder Eid - was ist das schon noch wert?

Aus Anlass der Angelobung des neuen Nationalrats und im Rückblick auf laufende Verfassungsbrüche durch Minister und Spitzenbeamte drängt sich die Frage nach dem Wert eines Gelöbnisses auf.


cr Parlament Zolles Der Eid ist ein feierliches Gelöbnis zur wahrheitsgemäßen Aussage oder zur Einhaltung bestimmter Regeln oder Verhaltensweisen. Man kennt etwa den Eid vor Gericht, dessen Nichtbefolgung (Meineid) mit Strafen von 6 Monaten bis zu 5 Jahren geahndet werden kann (Strafgesetzbuch § 288 Z. 2). In einem gewissen Gegensatz dazu stehen andere Eide (Amtseid, Diensteid, Gelöbnisversprechen u.A.), die als promissorischer Eid bei Verletzung nicht als Meineid bestraft werden, sondern als Amtsvergehen zu ahnden sind.

Beiden Arten liegt ein moralisches Prinzip zu Grunde: der Anspruch der Gesellschaft an die Eidesleistenden, verstärkte Sorgfalt und Treue zur Pflichterfüllung in besonders relevanten Angelegenheiten, die als Grundlagen des staatlichen Miteinanders notwendig sind, einzufordern.

Als Beispiel sei angeführt: Jeder Staatsbürger hat sich an Gesetze zu halten, den Beamten ist jedoch darüber hinaus eine besondere Verpflichtung auferlegt.Sie sind verpflichtet, alle in ihrem Wirkungsbereich ihnen bekannt werdenden Gesetzwidrigkeiten zur Anzeige zu bringen.

Beeidigungen, Gelöbnisse finden in aller Regel in feierlicher Form statt, um einerseits die Bedeutung der Verpflichtung zu unterstreichen und andererseits dadurch eine nachhaltige Erinnerung zu manifestieren.

Nahezu jede Institution, die solches von ihren Mitgliedern verlangt, hat daher auch unterschiedliche Sanktionen an die Regelverstöße geknüpft.

Aus der Sicht des Einzelstaates stellt die Verfassung die höchste Norm dar, aus der sich alle anderen Gesetze und deren Vollziehung ableiten. Vom Bundespräsidenten abwärts leisten daher auch alle Amtsträger der Republik/Länder einen Eid auf die Verfassung.

In der Bundesverfassung ist für Normverletzungen keine unmittelbare Strafsanktion vorgesehen. Einzeldelikte, wie Hochverrat u.A., sind Ausnahmen davon. Bei Amtsmissbrauch nach § 302 des Strafgesetzbuchs ist vorab zu klären, wie weit wissentliche Schädigungsabsicht gegeben ist. Auch wenn man feststellen kann, dass volle Information über ein rechtwidriges Verhalten beim Amtsorgan gegeben ist, bedarf es des Nachweises einer konkret eingetretenen Schädigung und der Reaktion durch Unterlassen oder aktive Tätigkeit durch das Organ.

Auf jeden Fall ist die moralische Komponente zu beurteilen. Moral kann man nicht kaufen. Man hat sie oder hat sie nicht. Ethisches Verhalten ist eine Frage des Charakters und dem landläufigen Bild vom „ anständigen“ Menschen.

Bei geflissentlicher Missachtung des Verfassungsgebotes in Art. 79 (1) der Österreichischen Bundes-Verfassung (Anm.: die unmissverständlich die Organisation des Bundesheeres nach dem Milizsystem vorsieht) durch Regierungsmitglieder, die allesamt gelobt haben, in ihrer Amtsführung die Gesetze, insbesondere die Bundes-Verfassungsgesetze getreulich zu beachten und der in der Öffentlichkeit kaum wahrnehmbaren Kritik durch den Oberbefehlshaber und Angehörige der parlamentarischen Regierungsfraktionen muss die Frage erlaubt sein - was ist ein Eid noch wert?

Offenbar nichts mehr.

Dr. Volker Zimmermann, Oberst aD