Droht die Insolvenz des Bundesheeres?

Wenn es so weitergeht, kann bald nicht einmal mehr der laufende Betrieb finanziell bedeckt werden. Von Investitionen nicht zu reden.


Das Militär der Zweiten Republik wurde bislang mit Geld immer kurz gehalten. Dank der hoch motiviertenSoldaten und Zivilbediensteten hat das Österreichische Bundesheer trotz chronischer Unterfinanzierung viel geleistet und auch das Ausland in Staunen versetzt, da man es dort nicht für möglich hält, mit einem derart geringen Verteidigungsbudget so große nationale und internationale Leistungen zu erbringen.

Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) erhält im Finanzjahr 2013 rund 2 Milliarden Euro. Damit hat das BMLVS das Personal (einschließlich der Rekruten) zu bezahlen, neue oder gebrauchte Rüstungsgüter anzuschaffen und den gesamten Betrieb sicherzustellen. Betrachtet man eine statistische Auswertung der Verteidigungsbudgets seit der Aufstellung des Bundesministeriums für Landesverteidigung im Jahre 1955 (seit 2007 Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport) so fällt auf dem ersten Blick auf, dass die Ausgaben für das Personal gegenüber den Investitionsausgaben und Betriebsausgaben weit stärker angestiegen sind, oder mit anderen Worten ausgedrückt: In den fast 60 Jahren seit seines Bestehens stand dem Bundesheer immer weniger Geld für den Ankauf von Rüstungsgütern und dem Betrieb zur Verfügung. Es stellt sich daher zwangsweise die Frage, wann dem Bundesheer - unter der Annahme, dass das Bundesheer in den nächsten Jahren nicht wesentlich mehr Geld zur Verfügung stehen wird als heute - nicht mehr ausreichend Geld für den Ankauf von Rüstungsgütern oder für den Betrieb zur Auftragserfüllung zur Verfügung stehen wird.

Dies soll kein Beitrag zur Demotivation sein, sondern er soll Verantwortungsträgern imÖsterreichischen Bundesheer und in der Politik zum Nachdenken anregen - und zugleich Aufforderung sein, dass sie sich unermüdlich dafür einsetzen sollen, dass die Streitkräfte mehr Geld für die Auftragserfüllung erhalten sollen.


Die Prognose für das nächste Jahrzehnt

Die Entwicklung des Verteidigungsbudgets

Im Vergleich zu anderen kleineren Staaten in Europa bekam das Bundesheer immer nur ein Taschengeld. Hohe Repräsentanten des Bundesheeres und der Öffentlichkeit forderten nicht nur einmal mehr Geld und auch während der Reformkommissionen forderten die Mitglieder im Abschlussbereich eine ausreichende hohe Dotierung des Verteidigungsbudgets. Die Hoffnungen, nach einer Reformkommission mehr Geld zu erhalten, erfüllten sich aber nie. Auf all diese Erfahrung der Vergangenheit gestützt, muss wohl damit gerechnet werden, dass das Bundesheer in den nächsten Jahren auch nicht mit überdurchschnittlichen Steigerungsraten des Verteidigungsbudgets rechnen kann. Selbst nach ernsten Krisen, wie 1956, 1968 und Anfang der 1990er Jahre gab es in Österreich für die Streitkräfte nicht wesentlich mehr Geld. Eine weiterer Druck auf das Verteidigungsbudget entsteht durch die aktuelle Wirtschaftskrise, weil in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten, wie sie für die nächsten Jahre prophezeit werden, weniger Geld für jene Staatsausgaben zur Verfügung stehen wird, welche die Bevölkerung nicht direkt treffen, ganz so nach dem Motto: Niemand spürt in der eigenen Geldbörse, wenn für die Landesverteidigung weniger Geld für die Streitkräfte ausgegeben wird.

Für die Untersuchung soll, gestützt auf die Realität der Budgetzuweisungen an die Landesverteidigung der letzten Jahre, angenommen werden, dass das Verteidigungsbudget im Jahre 2025 nur rund 2,2 Milliarden Euro betragen könnte. Diese Annahme stützt sich darauf, dass in einem Vergleichszeitraum zwischen 1999 bis 2013 das Verteidigungsbudget - rechnet man die Ratenzahlungen für den Eurofighter 2013 heraus und addiert 1998 das Sportbudget dazu - nur um rund 200 Millionen angestiegen ist.

Die Entwicklung der Personalausgaben

Das Personal wird nach gesetzlichen Bestimmungen entlohnt. Neben den automatischen Vorrückungen gibt es für das Personal zumeist jährlich Lohnerhöhung. Die Personalausgaben stiegen in den letzten 20 Jahren um rund 2,5 Prozent jährlich. Wir wollen diesen Durchschnittswert für unsere Prognose heranziehen. Des Weiteren soll der Personalstand des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport sowie des Bundesheer über die nächsten 10 Jahre als annähernd konstant angenommen werden. Diese Annahme beruht auf der Ansicht, dass eine Personalreduktion keine Auswirkung auf die übrigen Ausgabengruppen des Budgets nach sich zieht, da dem Militär ohnehin nur der zustehende Betrag für die Besoldung zugewiesen wird. Eine Personalreduktion würde nur eine geringere Gesamtsumme zufolge haben. Unter Zugrundelegung obiger Annahmen sollten für Personalausgaben im Jahr 2025 rund 1,6 Milliarden Euro veranschlagt werden. Die wären mehr als 72 Prozent des prognostizierten Gesamtbudgets.

Die Entwicklung der Betriebsausgaben

Die Betriebsausgaben umfassen einen breiten Bereich von Ausgaben. Der Bereich umfasst unter anderem liegenschaftsbezogene Betriebsausgaben, Ausgaben für die Verpflegung,Treibstoffe, den Betrieb von Sanitätseinrichtungen, Werkstätten, etc.. Der Einfachheit halber sollten die Betriebserfordernisse für die nächsten Jahre konstant angenommen werden. Die Betriebsausgaben unterliegen über die Jahre hinweg Preissteigerung, welche innerhalb der letzten 15 Jahre durchschnittlich 2 Prozent betragen hatte. Unter Zugrundelegung dieses Durchschnittswertes sollten für 2025 rund 500 Millionen Euro zur Bestreitung des Betriebes veranschlagt werden. Dies wären 22 Prozent des Gesamtbudgets.

Die Entwicklung der Investitionsausgaben

Die Investitionsausgaben umfassen die Netto- und Bruttoinvestitionen, im wesentlichen Neuinvestitionen im Rüstungsbereich, beispielweise neue Allschutztransportfahrzeuge, Drohnen, neue Flugzeuge, Munition, etc.. Bruttoinvestitionen können als eine Art Investitionstätigkeit zum Substanzerhalt angesehen werden, beispielsweise Ersatzinvestitionen im Rüstungsbereich, beispielsweise Zukauf von Sturmgewehren 77 als Ersatz für ausgeschiedene Gewehre. Rüstungsgüter unterliegen seit jeher einer anderen Preisbildung als Konsumgüter. Neben der Preisbildung unterliegen Rüstungsgüter höheren Preissteigerungsraten als Konsumgüter, man spricht in Fachkreisen auch von überdurchschnittlich hohen Rüstungsinflationsraten im Rüstungsbusiness. Rüstungsinflationsraten spielen bei der Planung der erforderlichen Höhe desVerteidigungsbudgets zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung von Streitkräften eine wichtige Rolle. Die Frage nach der realen Höhe der benötigten Geldmittel für Investitionen stellt sich beim Bundesheer nur den Planern, hier und da wurden die Budgetnotwendigkeiten für die Anschaffung von modernen Rüstungsgütern veröffentlicht. Die Bedarfsermittlung der Planer blieb freilich nur eine Wunschvorstellung. Der Autor behandelt in seiner Abschätzung die Investitionsausgaben in der guten alten Tradition der bisherigen Vorgehensweise, nämlich die Investitionsausgaben als Restgröße, eine Art Verfügungsrest, zu behandeln. In unserem Rechenbeispiel wären dies nur mehr rund 100 Millionen, was rund 6 Prozent des Gesamtbudgets entspricht.


Das Verteidigungsbudget 2025

Die groben Abschätzungen ergaben, dass im Jahre 2025 dem Bundesheer in Österreich bei einem geschätzten Verteidigungsbudget von rund 2,2 Milliarden Euro kaum ein Spielraum für Investitionen bestehen könnte. Prognosen liegen immer Unsicherheiten zugrunde. Die obige Prognose mag in den Augen vieler Leser zu vereinfachend dargestellt sein, jedoch zeigt sie nur zu deutlich auf, dass durch den im Laufe des nächsten Jahrzehnts geringer werdenden Spielraum im Budget eine Auftragserfüllung schwieriger wird als sie noch heute ist.

Öffentliche Institutionen und Organisationen der allgemeinen Verwaltung- auch der Organkomplex Bundesheer ist allgemeine Verwaltung- können nicht in Konkurs gehen. Im schlimmsten Fall kann das Bundesheer aus chronischem Geldmangel seinen Auftrag nicht oder nur mangelhaft auf niedrigstem Niveau erfüllen. Verbindlichkeiten an Lieferanten werden schon irgendwie bezahlt werden und auf ihren Lohn haben die Bediensteten einen Rechtsanspruch. Trotzdem „schöne Aussichten“ für 2025. 


Gastbeitrag von  Bgdr  Harald PÖCHER, PhD